Neujahrsempfang: Stirböck warnt vor mentalem Paradigmenwechsel – Kritik an Simon

Oliver StirböckAuf dem Neujahrsempfang der Offenbacher Liberalen hat FDP-Fraktionschef Oliver Stirböck Kritik an der Abkehr in den Köpfen von den Leitlinien des Modell Offenbach geübt. Dabei kritisierte er auch die Äußerungen von Bürgermeisterin Birgit Simon, es gäbe zu wenig Sozialwohnungen in Offenbach.

Liebe Parteifreundinnen, liebe Freunde der Partei!

Mir sind nur 2 Parteitagsreden bekannt, die die Parteiengeschichte der Bundesrepublik weniger oder mehr nachhaltig geprägt haben.
• Da ist zum einen die mehr als 30-minütige Rede mit der sich der Vorsitzende der Antragskommission der SPD Oskar Lafontaine quasi zum Vorsitzenden der SPD putschte. Wie wir heute wissen, ohne nachhaltige Wirkung – wie so oft bei Oskar.
• Und zum zweiten, eine 3-minütige Rede, mit der sich Wolfgang Gerhardt empfahl im Falle eines Falle irgendwann einmal Bundesvorsitzender der FDP zu werden. 6 Monate später war es dann soweit, ohne dass 6 Monate zuvor ernsthaft jemand damit gerechnet hatte. Mit einer sehr nachhaltigen Wirkung.
Denn was die Rede von Wolfgang Gerhardt seinerzeit ausgezeichnet hat war das gleiche, was wir heute wieder erleben durften: die Mischung und Werteorientierung und Optimismus, Haltung und Hoffnung. Mit dieser Werteorientierung haben Sie in einer Zeit, in der die FDP in Offenbach Erstimmenergebnisse von rund 2 % erzielte (beid er letzten Wahl war das der 5fache Werte), der FDP Halt gegeben und für die Umkehr gesorgt. Es ist meines Erachtens noch gar nicht ausreichend gewürdigt worden, aber ich bin sicher, dass dieser Aspekt in der parteigeschichtlichen Betrachtung noch diese Würdigung erfährt, es waren zu einem Gutteil Gehardts Werteorientierung und Optimismus, die in den 90er Jahren die FDP gerettet hat. Dafür haben Sie den Dank der Anhänger der Liberalen, für Ihre mutmachende Einführung in dieses Jahr den Dank der Besucher dieses Neujahrsempfangs verdient.

Stadt muss aus eigener Kraft Schopf aus dem Sumpf ziehen

Gerhardts Haltung und Optimismus benötigen wir auch für die in Offenbach 2009 anstehenden Aufgaben. Wolfgang Gerhardt hat eben gesagt, Deutschland sei ein Land mit Potenzial. Offenbach ist auch eine Stadt mit Potenzial. Wir neigen dazu, dies zu negieren oder sogar schlecht zu reden:
Kritik an neuen Planungen ist nichts Schlimmes. Sie kann sogar helfen, Fehlplanungen und Fehlentwicklungen zu verhindern. Wer aber jedes neue Projekt, ob privat oder städtisch finanziert, ob Hafen, Einkaufszentrum, Wilhelmsplatz von vornherein versucht schlecht reden, frei nach dem Motto „das kann ja nie was werden“, wer Dinge von vornherein für tot erklärt, bevor sie versucht werden, dem fehlt genau diese notwendige Hoffnung, die wir brauchen, um diese Stadt voranzubringen. Wer im Wettbewerb der Städte stehen bleibt, fällt zurück.
Und es muss Ziel der Stadt bleiben, Offenbach am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen – etwa mit – dafür ist unser Bildungsdezernent Paul-Gerhard Weiß zuständig – Bildung. Bildung. Bildung. Und durch eine klare Profilierung der Stadt als Kreativstadt. Aber auch durch eine solide Haushaltspolitik.
Wer meint, die finanziellen Probleme der Stadt allein durch Landeszuschüsse, Finanzausgleiche und Stadtkreismodelle lösen zu können, führt Offenbach nicht in den auch von mir unterstützen Regionalkreis, in dem die Kommunen der Region gleichberechtigt vertreten sind, sondern macht Offenbach direkt zum Ortsbeirat 17 der Stadt Frankfurt. Das wollen wir verhindern.

Kritik am mentalen Paradigmenwechsel

Auf ihrem Neujahrsempfang haben sich die Grünen für kostenintensive Verbesserungen beim öffentlichen Nahverkehr ausgesprochen, die grüne Dezernentin fordert kostenloses Mittagessen für alle Kinder in den Einrichtungen, auf Ihrem Parteitag haben sich die Offenbacher Sozialdemokraten für eine Carte Blanche von 15 Millionen für das Stadion am Bieberer Berg ausgesprochen (ohne dass mehr vorlag als ein Finanzierungskonzept von OFC-Delounghe, das aus 20 Mio. Kommunalzuschuss und 20 Mio. Kommunalkredit bestand), in den Haushaltsberatungen hat die CDU ein Sparprogramm vorgelegt, das in Wirklichkeit der Stadt Geld kostet. Nicht, dass die FDP nicht auch gerne mehr Geld investieren würde in den Nahverkehr, in Mittagessen, oder ein neues Stadion oder vieles von dem will, was der CDU so einfällt. Was mir aber Sorge macht: Sozialdemokraten aller Parteien, schwarze, grüne, rote und dunkelrote fragen nicht mehr was machbar ist, was zu finanzieren ist und wie es zu finanzieren ist, sondern nur noch was wünschenswert ist. Auch wenn es bisher in aller Regel gelungen ist, zu vernünftigen Entscheidungen zu kommen: Der mentale Paradigmenwechsel, die Abkehr in den Köpfen von Leitvorstellungen dessen, was sich einst Modell Offenbach nannte, ist das, was uns Liberalen für 2009 Sorge bereitet.

Für einen Kassensturz und weitere Veräußerungen

Ich sage daher für die FDP-Fraktion deutlich: Vor der Entscheidung über mögliche Investitionen in Hafen, Stadion und andere Großprojekte erwarten für die erste Hälfte des neuen Jahres eine Art Kassensturz, der die schon jetzt absehbaren Verpflichtungen und Investitionen für Stadt und Stadtkonzern im Gesamtzusammenhang auch darstellt und wie eine mögliche Finanzierungskomponente aussieht. Dazu gehört auch eine komplette Übersicht nicht nur über die Kosten der Schulbausanierung, sondern auch für die Kosten der Sanierung von Kindertagesstätten sowie der weiteren bei den städtischen Gesellschaften lagernden Haushaltsrisiken. Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Investitionen und Risiken ohne weitere Privatisierungen, PPPs oder Erlöse aus städtischen Beteiligungen oder Verkäufe städtischen Vermögens über die bisher geplanten Grundstücksverkäufe hinaus möglich sind. Immer nur an Geld ausgeben denken ohne an neue Einnahmen und mehr Effizienz zu denken, wird mit den Liberalen nicht gehen. Niemand, auch unsere Koalitionspartner mögen hierbei, die Prinzipientreue und Festigkeit der Freien Demokratischen Partei unterschätzen. Wir halten Wort. Wolfgang Gerhardt hat eben gesagt, der Staat ist nicht der bessere Bänker, und die Stadt ist auch nicht von Natur aus der bessere Versorger, Immobilienverwalter oder Flugplatzbetreiber. Auch wenn es den ein oder anderen Grund geben mag, dass es auch ein Stück weit städtische Wirtschaftstätigkeit gibt.

Dank an die Ehrenamtler

Mein Dank gilt vor allem, an jene die sich in der Stadt ehrenamtlich engagieren. Stellvertretend dafür nenne ich unsere liberalen Ehrenamtler im Rathaus.
• Joachim Papendick unser stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher und Sparkommissar.
• Matthias Heusel, der auch jedes neue Bau-Projekt kritisch nach neuen Kosten durchleuchtet.
• Der Stv. Fraktionsvorsitzende Schwagereit unsere Kreativkraft, der sich stark macht für die Kreativstadt Offenbach und ein noch besseres Stadtmarketing, damit die Stadt neue Ansiedlungen und damit mehr Einnahmen generiert
• Unser ehrenamtlicher Stadtrat Ferdi Walther, die lebende Legende
• Eine Schlüsselrolle kommt in diesem Jahr der stv. Fraktionsvorsitzenden Dr. Vera Langer zu. Sie ist nicht nur unsere Bundestagskandidatin für den Wahlkreis mit respektablen Aussichten auf einen anständigen Listenplatz. Sie ist auch die, die für die das Motto wirbt „liberaler ist sozialer!“ und auch für Effizienz in der Sozialpolitik, nicht immer zur Freude unserer Koalitionspartner. Sie ist diejenige, die mit Recht Kritik übt, wenn Bürgermeisterin Simon das Fehlen von Sozialwohnungen beklagt.

Kritik an den Äußerungen von Birgit Simon zu Sozialwohnungen

Nicht dass man nicht akademisch darüber streiten könnte, ob wie Birgit Simon sagt, es in bestimmten Marktsegmenten nicht auch noch einen Bedarf im Sozialwohnungsbereich gibt. Aber es ist sicher nicht das Offenbacher Problem. Die Probleme liegen wo anders. Und daher ist die Äußerung der Bürgermeisterin ein Beispiel dafür, dass manchen die Richtung unklar geworden ist, in die sich Offenbach bewegen sollte. Die Abkehr vom Masterplan, den Gerhard Grandke im Kopf hatte, die Abkehr von einer Richtung, einer Haltung, das ist es, was uns Sorge macht.

Die Freien Demokarten wollen Kurs halten. Für eine sparsame Haushaltspolitik. Für eine Stadtstrukturpolitik mit Richtung und für Bildung. Bildung. Bildung. Und immer an die Kinder denken.